Texte an Zielgruppen testen - Teil 2
17. November 2025
Nachdem wir im ersten Teil gezeigt haben, wie du eine Persona definierst und so beschreibst, dass sie eine klare Perspektive deiner Zielgruppe einnimmt, geht es nun um den nächsten Schritt: Wie sorgst du dafür, dass diese Persona nicht in freundlichem Smalltalk stecken bleibt, sondern dir das scharfe, hilfreiche Feedback gibt, das deine Entwürfe wirklich besser macht? In diesem zweiten Teil schauen wir uns an, warum Standard-KI zu höflich reagiert, wie du deine Persona bewusst auf „kritisch“ stellst und welche Wirkung das auf die Tiefe des Feedbacks hat.
Warum Standard-KI zu freundlich bleibt
Wenn du eine KI um Feedback bittest, rutscht sie automatisch in einen Modus, der bestätigend wirkt. Diese Haltung ist im Modell verankert: Es möchte unterstützen, nicht anecken. Das führt zu Rückmeldungen, die sanft, nett und oft sehr allgemein bleiben. Für echte Textarbeit bringt dich das kaum weiter. Du brauchst Reibung – und die musst du aktiv anstoßen.
Die Persona auf „kritisch“ schalten
Damit deine Persona wirklich nützlich wird, braucht sie eine klare Aufgabe. Und diese Aufgabe lautet nicht „hilf mir ein bisschen“, sondern „geh gründlich und streng vor“. Das erreichst du, indem du konkrete Vorgaben machst:
- kritisch sein
- eine feste Anzahl an Kritikpunkten benennen
- klar formulieren, was nicht funktioniert
- Auswirkungen auf die Zielgruppe betrachten, nicht nur oberflächliche Stilfragen
Ein neutraler Prompt wie „Gib mir Feedback“ löst das nicht aus. Eine deutliche Rollenbeschreibung dagegen schon: „Du bist eine skeptische Kundin. Deine Aufgabe: offene, fachlich begründete Kritik. Mindestens fünf Punkte, die dich stören.“
Damit stellst du die Weiche für eine andere Art von Rückmeldung. Du gibst der Persona vor, dass sie nicht verschönern soll, sondern Dinge benennen, die dich weiterbringen.
Ein Beispiel
Text: „Unser neuer Rucksack ist der perfekte Begleiter für deinen Alltag.“
Standard-Prompt: „Bitte gib mir Feedback zu diesem Text.“
Die Antwort bleibt weich: Der Satz sei verständlich, vielleicht könne er etwas konkreter formuliert werden.
Kritische Persona: „Du bist eine Produkttesterin, die Werbefloskeln misstraut. Nenne fünf Dinge, die dich an diesem Satz stören.“
Die Antwort wird deutlich präziser: zu allgemein, unbelegte Behauptung, kein konkreter Vorteil, keine Alltagsszene, austauschbare Formulierung.
Hier zeigt sich, wie stark der Modus die Tiefe bestimmt. Nicht die Technik macht den Unterschied, sondern die Aufgabe, die du ihr gibst. Das Feedback einer kritischen Persona ist zwar simuliert, hat aber einen sehr realen Nutzen: Es zwingt dich, Stellen zu überarbeiten, die du sonst übersehen hättest.
Ausblick
Wir haben nun zwei Bausteine: Du weißt, wie eine Persona definiert wird, und du weißt, wie du sie so einstellst, dass sie Klartext spricht. Was noch fehlt, ist der Schritt, in dem beides miteinander verbunden wird. Erst dann entsteht ein Werkzeug, das du nicht jedes Mal neu basteln musst, sondern dauerhaft nutzen kannst – unabhängig davon, ob du an Texten arbeitest, Präsentationen vorbereitest oder Material für Kund*innen prüfst.
Genau darum geht es im nächsten Teil: Wir zeigen, wie du Persona und kritischen Prompt zusammenführst. Ob als eigenes GPT, als wiederverwendbares Template oder als Bot – erst durch dieses Kombinieren wird aus der Methode ein effizienter Bestandteil deiner Arbeit.