Zurück

Von SEO zu GEO - Teil 4

15. September 2025

Nachdem wir im ersten Teil dieser Serie GEO als Weiterentwicklung von SEO kennengelernt haben, im zweiten Teil gesehen haben, wie sich GEO-Sichtbarkeit mit spezifischen Kennzahlen messen lässt und im dritten Teil bereits konkrete Optionen für die Content-Optimierung vorgestellt wurden, geht es jetzt um die Operationalisierung und die Frage, wie wir ins Tun kommen. Die Antwort ist nicht ganz trivial, denn anders als bei klassischem SEO gibt es noch keine etablierten Prozesse und Best Practices. Wir müssen uns die Wege selbst bahnen – aber das ist zugleich auch eine Chance.

Der Startpunkt: Wissen, wo ihr steht

Bevor ihr wild drauflos optimiert, braucht ihr Klarheit über eure Ausgangslage. Das klingt banal, wird aber oft übersprungen. Ihr müsst wissen, für welche Themen ihr bereits in KI-Antworten auftaucht und für welche nicht.

Der Weg zu dieser Baseline besteht aus drei Schritten:

  • Themen- und Prompt-Landkarte: 20 bis 50 echte Nutzer*innenfragen zu eurem wichtigsten Angebot sammeln – zum Beispiel aus Support-Tickets, Sales-Gesprächen oder Community-Foren – und diese Fragen zu Prompt-Clustern bündeln.
  • Baseline erheben: Für jeden Cluster prüfen: Frequenz (Mentions), Position, Sentiment und Attribution pro Engine (Google AI Overviews, Perplexity, ChatGPT/Claude). Das ist eure Nullmessung
  • Zielbild formulieren: Welche Antworten sollen euch künftig nennen – und mit welcher Aussage? Ein schwammiges "Wir wollen mehr Sichtbarkeit" reicht nicht. Ihr braucht ein konkretes Ziel.

Erst wenn ihr wisst, wo ihr steht und wo ihr hinwollt, könnt ihr die Lücke systematisch schließen.

Content-Remodelling: Aus gut mach extrahierbar

Die meisten Websites scheitern nicht am Thema, sondern an der Extrahierbarkeit ihrer Inhalte. KI-Systeme zitieren, was sie schnell erfassen und klar zuordnen können. Ein Text, der für Menschen perfekt funktioniert, kann für eine KI völlig unbrauchbar sein, wenn er zu verschachtelt, zu vage oder zu unstrukturiert ist.

Das Answer-First-Prinzip ist hier der Schlüssel: Jede wichtige Seite sollte mit einer präzisen Zwei-Satz-Antwort beginnen, welche die Kernaussage enthält. Erst danach kommen Begründungen, Beispiele und Details. Klingt simpel, ist aber eine radikale Abkehr vom klassischen Storytelling-Ansatz, bei dem die Pointe oft am Ende steht.

Die Mikrostruktur eurer Inhalte muss stimmen:

  • Ein Absatz, eine Hauptaussage – keine verschachtelten Gedankengänge
  • Bullet-Points für Kriterien oder Prozessschritte – übersichtliche Aufzählungen statt im Fließtext versteckte Listen
  • Tabellen für Vergleiche – strukturierte Gegenüberstellungen
  • FAQ-Blöcke für Variantenfragen – antizipierte Nutzer*innen-Fragen direkt beantworten

Besonders wichtig ist die Belegbarkeit eurer Aussagen. Zahlen, Definitionen, prägnante Zitate – alles sollte mit Quellen versehen sein. Warum? Weil KI-Systeme lernen, dass belegte Informationen vertrauenswürdiger sind. Eine unbelegte Behauptung hat schlechtere Chancen, in einer KI-Antwort zu landen, als eine mit Quellenangabe.

Für diese inhaltliche Arbeit kann euer eigenes Redaktionsteam verantwortlich sein – wenn es die nötige KI-Expertise mitbringt. Alternativ kann eine Content-Agentur übernehmen, aber achtet darauf, explizit nach GEO-Erfahrung zu fragen und euch diese belegen zu lassen.

Die technische Seite: Maschinen brauchen Struktur

Was für Menschen lesbar ist, muss für Maschinen formatiert sein – diese alte SEO-Weisheit gilt für GEO noch mehr. Schema.org und JSON-LD sind keine Nice-to-haves mehr, sondern Pflicht. Mindestens für euer Unternehmen, eure Produkte, FAQs und How-tos solltet ihr strukturierte Daten liefern.

Hier macht es am meisten Sinn, die Digitalagentur einzubinden, die eure Website betreut. Sie kennt das System und kann effizient Schema-Markup implementieren, Sitemaps optimieren und die Performance verbessern. Auch HTML-Zwillinge für PDFs oder eine überarbeitete Informationsarchitektur fallen in ihren Aufgabenbereich. Im Einzelnen:

  • Schema-Markup und JSON-LD für alle wichtigen Content-Typen
  • Saubere URL-Struktur und sprechende h1/h2-Hierarchie
  • Optimierte Sitemaps mit kuratierten Listen KI-relevanter Seiten
  • Performance-Optimierung – langsames JavaScript und Gated Content schrecken KI-Crawler ab
  • HTML-Alternativen für alle PDFs bereitstellen

Der Blick über den Tellerrand: Externe Signale steuern

GEO endet nicht an eurer Domain-Grenze. Drei externe Schichten sind überproportional wichtig für eure Sichtbarkeit in KI-Antworten:

  • Wikipedia und Fachlexika funktionieren wie Quell-Hubs für KI-Systeme. Prüft, ob euer Unternehmen, eure Produkte oder Kernbegriffe dort korrekt und prägnant beschrieben sind. Eine gut gepflegte Wikipedia-Präsenz mit belastbaren Referenzen kann der Türöffner für viele KI-Erwähnungen sein.
  • Communities wie Reddit, Fachforen oder Branchenportale sind Goldgruben für Erfahrungswissen. Hier zählt Substanz, nicht Lautstärke. Ein fundierter Thread, der echte Expertise zeigt, wird von KI-Systemen aufgegriffen. Spam und Selbstbeweihräucherung werden dagegen schnell durchschaut.
  • Vergleichs- und Review-Portale sind dankbare Snippet-Quellen. Konsistente Fakten zu Features, Preisen und Zielgruppen, kombiniert mit klaren "Wann eignet sich X, wann Y?"-Absätzen, werden häufig übernommen.

Die Leitfrage für all diese externen Spuren: Wenn eine KI in 8 bis 10 Sekunden eine Antwort baut – welche eurer Informationen sind so klar und prägnant, dass sie es in diese Antwort schaffen?

Vom Experiment zur Routine: Der kontinuierliche GEO-Prozess

GEO ist kein Projekt mit Enddatum, sondern ein kontinuierlicher Optimierungsprozess. Ein monatlicher Review-Rhythmus hat sich bewährt: Für eure Top-Cluster aktualisiert ihr Sichtbarkeit, Sentiment und Attribution. Die Delta-Analyse zeigt, wo ihr Fortschritte macht und wo noch Arbeit wartet.

Für die Baseline-Messung und das kontinuierliche Monitoring lohnt sich externe Unterstützung. Peec AI aus Berlin oder internationale Anbieter wie Profound bieten automatisierte Messungen über tausende synthetische Prompts. Sie monitoren teilweise sogar in Echtzeit, wie eure Marke in den Antworten von ChatGPT, Perplexity, Claude und Gemini auftaucht.

Denkt in A/B-Tests: Bei strittigen Ansätzen testet zwei Varianten – eine kurze Definition gegen eine ausführliche Liste, eine technische gegen eine allgemeinverständliche Erklärung. Behaltet, was häufiger in KI-Antworten auftaucht. Diese empirische Herangehensweise ist effizienter als endlose Diskussionen über die "richtige" Content-Strategie.

Die Arbeitsteilung: Wer macht was?

GEO ist Teamarbeit, und die Aufgaben lassen sich sinnvoll verteilen:

Intern könnt ihr vieles stemmen:

  • Kommunikation/Redaktion: Prompt-Cluster pflegen, Answer-First-Texte schreiben, Belege sammeln, Tonalität wahren
  • PR/Community: Wikipedia-Einträge pflegen, Foren-Threads kuratieren, Fachpresse anspielen

Pro Quartal solltet ihr ein bis zwei neue Prompt-Cluster in Angriff nehmen. Tiefe schlägt Breite – lieber wenige Themen exzellent abdecken als überall nur an der Oberfläche kratzen.

Externe Partner setzt ihr gezielt ein:

  • Digitalagentur: Schema-Markup, Performance, Informationsarchitektur, technische Optimierungen
  • Content-Agentur: Großflächiges Content-Remodelling, wenn interne Ressourcen fehlen
  • Monitoring-Tools: Baseline-Messung und kontinuierliches Tracking über spezialisierte Anbieter

Das Ökosystem rund um GEO wächst rasant. Neben den erwähnten Monitoring-Tools entstehen auch im deutschsprachigen Raum zunehmend spezialisierte Agenturen. Die Herausforderung dabei ist, die Partner zu finden, die nicht einfach ein S durch ein G ausgetauscht haben, sondern wirklich verstehen, worum es bei Generative Engine Optimization geht.

Was kommt als Nächstes?

GEO belohnt Klarheit, Struktur und Belege – sowohl intern als auch extern. Wer diese Disziplin in einen wiederholbaren Ablauf gießt, gewinnt Kontrolle über seine Sichtbarkeit zurück, auch wenn Antworten zunehmend direkt von KI generiert werden.

Im nächsten und letzten Teil dieser Serie nehmen wir die verschiedenen Plattformen unter die Lupe. Google AI Overviews, Perplexity, ChatGPT und Claude haben alle ihre eigenen Mechaniken bei der Quellenauswahl. Wer diese Unterschiede kennt und nutzt, kann seine GEO-Strategie noch gezielter ausrichten.

 

Mehr lesen