Nicht die KI nimmt dir den Job weg - oder doch?
18. November 2024
Nicht die KI nimmt dir den Job weg, sondern Menschen, die sich mit KI auskennen. So oder so ähnlich lautet die Antwort häufig, wenn darüber diskutiert wird, wie KI den Arbeitsmarkt verändert. Doch das ist leider nur die halbe Wahrheit. KI-Skills werden oder sind bereits wichtig. Gewisse Kenntnisse werden zu den Basics gehören, so wie das Beherrschen der Office-Applikationen irgendwann einfach vorausgesetzt wurde.
Doch diese Skills reichen nicht, um sich des eigenen Arbeitsplatzes sicher sein zu können. Eine aktuelle Studie des Harvard Business Review zeichnet ein detaillierteres Bild. Betrachtet wurden fast 1,4 Millionen kurzfristige Jobangebote im Zeitraum Juli 2021 bis Juli 2023 für Freiberufler, die über Online-Plattformen ausgeschrieben wurden. Nach Verfügbarkeit von ChatGPT ging das Angebot von Jobs zur Content-Produktion um 30% zurück, das Angebot von Programmier-Jobs um 20%, um zwei hervorstechende Beispiele zu nennen. Doch nicht nur die Anzahl reduzierte sich, auch die Bezahlung wurde schlechter.
Repräsentativ oder nicht?
Jetzt könnten wir einwenden, dass die in der Studie betrachteten Jobs speziell sind und sie deshalb nicht repräsentativ ist. Sehen wir uns ein paar Details dazu an:
- Arbeitsumfang: Häufig ist der Arbeitsumfang der Jobs gering, die auf diese Weise vergeben werden. Das spricht dafür, dass eine KI sie übernehmen kann. Mit zunehmendem Arbeitsumfang steigt in der Regel die Komplexität, die Verschiedenartigkeit der Fähigkeiten, die gefordert sind. Hier ist die KI noch eingeschränkt, so dass sie sich im Umkehrschluss für die offerierten Jobs besser eignet als für den Durchschnitt aller Jobs.
- Tätigkeiten: Die Ausschreibung über Online-Plattformen impliziert nicht, dass es sich um online ausführbare Jobs wie Content-Produktion oder Programmierung handeln muss. Auch Mitarbeitende für Events oder Handwerker*innen werden auf diesen Plattformen gesucht, also solche, die offline arbeiten. Bei den Tätigkeiten ergeben sich deshalb große Unterschiede. Während bei einigen schon jetzt eine Veränderung sichtbar ist, sind andere Tätigkeiten noch völlig unberührt.
- Kurzfristigkeit: Ein kurzfristig zu vergebener Job eignet sich häufig nicht so gut für KI, da er nur dann von einer KI übernommen werden kann, wenn sie dafür nicht speziell trainiert oder konfiguriert werden muss. Sie spricht also eher für den Menschen als für die KI.
Wir sehen, dass der Charakter der Jobs nicht impliziert, dass sie sich besonders gut dafür eignen, von einer KI übernommen zu werden. Das bedeutet, dass wir die Ergebnisse der Studie als eine Vorhersage dessen ansehen können, was insgesamt auf dem Arbeitsmarkt passiert.
Und jetzt?
So komisch das klingen mag - wir können optimistisch sein. Denn auch in der Vergangenheit sind schon häufiger Jobs weggefallen. Zwei verschiedene positive Szenarien tun sich auf:
- Wir arbeiten weniger: Sehen wir uns die Historie an, dann haben technische Errungenschaften zu einer verkürzten Arbeitszeit mit mehr Wohlstand geführt.
- Wir arbeiten anders: Es entstehen ständig neue Job-Profile. Mit KI wird sich dieser Vorgang massiv beschleunigen. Diejenigen, deren Kenntnisse nicht mehr benötigt oder nicht mehr so gut vergütet werden, haben die Chance, in den nun dringend erforderlichen Bereichen eine neue berufliche Heimat zu finden.
Und noch eine gute Nachricht: Wir haben Zeit, uns auf diese Veränderungen einzustellen. Noch sind es wenige Unternehmen, die von der KI bereits ganze Jobs machen lassen. Nur die Bereitschaft zur Veränderung müssen wir mitbringen.