Generative AI für UX: Design neu gedacht
11. September 2023
Wir haben bereits viele Wege aufgezeigt, wie Generative AI die digitale Geschäftswelt auf den Kopf stellen wird bzw. wir uns bereits mitten in diesem Prozess befinden. Bei unseren eigenen Leistungen liegt der Fokus bislang auf der Programmierung. Denn hier können wir vieles mit Tools wie ChatGPT oder dem GitHub Copilot out of the box optimieren. Doch dabei wird es nicht bleiben. Auch für UX-Designer*innen gibt es zahlreiche Tools, die verschiedene Phasen des Designprozesses unterstützen, um schneller zu sein und noch bessere Ergebnisse zu erzielen.
Brainstorming und Inspiration
Mit dem gesamten Internet als Referenz zur Verfügung bieten sich Generative-AI-Tools optimal als Helfer an, wenn die Inspiration gerade mal fehlt. Egal, ob wir bereits eine vage Vorstellung vom finalen Produkt haben oder erst eine grobe Sammlung von Referenzen erstellen wollen, die künstliche Intelligenz liefert in Sekundenschnelle eine Vielzahl an Ideen, die anschließend bewertet und kuratiert werden können. Hierfür bieten sich beispielsweise Tools wie Midjourney oder Adobe Firefly an. Dass Details wie Icons oder Texte dabei häufig überhaupt nur schwer bis gar nicht zu erkennen sind, spielt vorerst keine Rolle. In diesem Schritt geht es primär darum, Eindrücke von einem möglichen Gesamterscheinungsbild zu sammeln.
Content-Generation
Wer Produkte gestaltet, kennt Lorem Ipsum, den vollkommen sinnbefreiten Platzhaltertext, der dazu dient, den Fokus vom Inhalt weg auf das Gesamterscheinungsbild zu lenken. Gerade wenn es darum geht, High-Fidelity-Designs vor Kunden zu präsentieren, kann es jedoch hilfreich sein, auf echten Content zu setzen, um ein möglichst realistisches Bild vom Endprodukt zu zeichnen. Meistens gibt es diesen Content aber noch gar nicht. KI-Anwendungen können Abhilfe schaffen, ohne dass sich Designer*innen zu sehr von ihrem Kerngeschäft ablenken lassen müssen. Zu den Use Cases gehören beispielsweise Produktbeschreibungen oder längere Absätze, erstellt zum Beispiel mit den Figma-Plugins Relume oder Magician. Aber auch Bilder lassen sich schnell und zuverlässig generieren: Tools wie Firefly sind hierfür erneut besonders geeignet; wer das Design-Tool gar nicht erst verlassen möchte, wird mit Plugins wie Summon.AI oder dem oben genannten Magician fündig. Sofern nötig, kann dieser Content im Anschluss von Menschen angepasst und optimiert werden. Gerade im Bereich der Text- und Bildgenerierung sprießen speziell dafür entwickelte Tools mittlerweile wie Pilze aus dem Boden – aber auch mit ChatGPT-Bordmitteln lassen sich schnell brauchbare Ergebnisse erzielen.
Wireframes und UI-Design
Wenn es um das Generieren von Wireframes geht, bei denen nicht die Details, sondern die grobe Konzeption im Vordergrund steht, versprechen KI-Tools ein hilfreicher Begleiter zu werden. Mit Plugins wie WireGen lassen sich in Sekundenschnelle Wireframes generieren, ohne dafür viele Kapazitäten in Anspruch zu nehmen. Auch das schnelle Iterieren durch verschiedene Design-Ansätze lässt sich in Zukunft KI-gestützt erledigen. Schon jetzt existieren ein paar Apps, die genau damit werben. Prominente Vertreter sind beispielsweise das Design-Tool Uizard oder der No-Code-Website-Builder Framer nach der Integration eines entsprechenden AI-Features. Die vor kurzem angekündigte Übernahme von Diagram, schon seit einiger Zeit die Entwicklung von AI-Design-Tools vorantreiben und unter anderem den bereits vorgestellten Magician entwickeln, durch Figma zeigt, dass auch die großen Player im Business das Potenzial erkannt haben und den Kurs in Richtung KI einschlagen.
Research und Testing
Die Research und das Testen von Designs sind integrale Schritte im Design-Prozess. Ausführliche Usability-Tests verschlingen jedoch häufig Ressourcen, die nicht immer zur Verfügung stehen. AI kann insbesondere dort helfen, wo es darum geht, grundlegende Annahmen über das Nutzerverhalten zu bestätigen bzw. zu widerlegen. Obwohl nicht davon auszugehen ist, dass die UX-Research in naher Zukunft vollständig automatisiert abläuft, existieren schon jetzt zahlreiche Tools, welche die automatisierte Durchführung von diversen Methoden anbieten. Viele dieser Tools setzen dabei auf OpenAI-Technologie, beispielsweise, um Umfragen beantworten zu lassen oder um Texte in A/B-Tests zu untersuchen. Auch in der Nachbereitung kann KI zum Einsatz kommen, etwa, wenn es um das Transkribieren von Interviews geht. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich AI-Tools in diesem Feld durchsetzen werden können.
Personalisierte Experiences
Das Zuschneiden von digitalen Produkten auf die Bedürfnisse der Nutzer*innen ist eines der Hauptziele des UX-Designs. Gerade wenn es um die Analyse großer Mengen von Daten geht, schneiden Maschinen schon heute besser ab als Menschen. Für die Personalisierung eröffnet dies neue Möglichkeiten, beispielsweise wenn es um das Vorschlagen von Inhalten geht. Die Streaming-Giganten Netflix und Spotify haben dies bereits erkannt und verwenden Generative AI, um ihren Nutzer*innen bessere Vorschläge zu machen.
Doch nicht nur Inhalte, auch die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine selbst wird sich in Zukunft selbstständig an die einzelne Nutzerin anpassen. Sogenannte adaptive Interfaces sind per se nichts neues: Um den Anforderungen verschiedener Märkte gerecht zu werden, müssen Designer*innen an digitalen Produkten schon seit jeher Anpassungen vornehmen – ein simples Beispiel hierfür ist die Leserichtung von rechts nach links in arabischen Sprachen, die in digitalen Interfaces anderes dargestellt werden müssen als Sprachen, die von links nach rechts gelesen werden. Künstliche Intelligenz bietet jedoch die Möglichkeit, das Nutzungsverhalten in großen Zeiträumen genauer zu analysieren und das Interface an eben dieses Verhalten anzupassen. Schon vor einiger Zeit implementierte Siemens diese Form des adaptiven UIs in ihr CAD-Programm NX, um individuellen Workflows besser gerecht zu werden – wir können davon ausgehen, dass weitere Beispiele folgen werden.
Fazit
Generative AI stellt schon jetzt viele Bereiche des Produktentwicklungszyklus auf den Kopf – User Experience Design ist keine Ausnahme. Wir haben die Bereiche, in denen KI-gestützt gearbeitet werden kann, kennen gelernt. Die Tools werden sich weiterentwickeln und es werden neue Sterne am Himmel auftauchen.
Doch nicht nur der Prozess, auch die Interfaces selbst werden sich verändern. Mit der schnellen Verbreitung von KI-Anwendungen entsteht ein neuer Bedarf nach geeigneten Interaktionsmöglichkeiten, um gewünschte Ergebnisse zu erzielen. Auch diese Interaktionswege wollen ausgestaltet werden. UX-Designer*innen werden künftig also nicht nur KI-Tools für ihre Arbeit verwenden, sondern haben auch die Gelegenheit, die Entwicklung dieser Werkzeuge zugunsten der Bedürfnisse der Nutzer*innen zu beeinflussen und so ihrem Auftrag als “Anwalt der Nutzer” gerecht zu werden.