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Ein Jahr ChatGPT: Wie stehen die Chancen der alten und neuen Rivalen Google und Amazon?

4. Dezember 2023

Seit seiner Einführung hat ChatGPT die Welt der generativen KI nachhaltig geprägt. Dennoch bleibt die Frage: Haben etablierte Technologiegiganten wie Google und Amazon das Potential, mit ihren neuesten Innovationen an die Spitze zu gelangen und die Dominanz von OpenAI und Microsoft herauszufordern?

Bereits über ein Jahr alt, behauptet ChatGPT seinen Platz an der Spitze der generativen KI-Landschaft. Microsoft setzt auf das zugrundeliegende Sprachmodell GPT-4, das in seinen Copilots, einschließlich des öffentlich und kostenlos zugänglichen Bing Chat – nun ebenfalls als Copilot bekannt – zum Einsatz kommt. Googles Bemühungen, eine vergleichbare Alternative anzubieten, waren bislang wenig erfolgreich. Amazon hingegen agierte eher im Verborgenen.

Doch nun tut sich etwas. Mit Amazon Q betritt ein neuer, speziell für Unternehmensbedürfnisse entwickelter Chatbot die Bühne. Er unterstützt Mitarbeitende in einer Vielzahl von Aufgaben – von der Strategieentwicklung bis zum Software-Engineering – und ermöglicht eine sichere Integration interner Datenquellen. 

Google stellt derweil sein neuestes Produkt Gemini vor, das in drei verschiedenen Versionen erhältlich sein wird. Die leistungsfähigste Version, Gemini Ultra, zeigt in Benchmarks vielversprechende Ergebnisse und übertrifft GPT-4 teilweise. Doch stellt sich die Frage, ob „etwas besser“ ausreicht, um OpenAI den Thron streitig zu machen, insbesondere da Gemini Ultra noch nicht einmal auf dem Markt ist. Die Vorherrschaft von ChatGPT & Co. beruht schließlich nicht allein auf Benchmarks.

Der Lock-In ist gelungen  

Ein entscheidender Vorteil von OpenAI und Microsoft liegt in ihrer etablierten Präsenz im Markt. Firmeninterne Lösungen wie myGPT @ Merck, dmGPT oder KaiChat von KPMG, um nur einige wenige zu nennen, nutzen bereits OpenAIs Sprachmodelle – ein Wechsel zu anderen Anbietern ist nicht ohne Aufwand möglich. Der leichtere Zugang zu Informationen über GPT-4 im Vergleich zur Konkurrenz ist ein weiterer Erfolgsfaktor. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Hersteller eine gute Dokumentation bereitstellen. Auch die Vielzahl an Best Practices, die in einem Umfeld entstehen, in dem viele Unternehmen an ähnlichen Lösungen arbeiten, erleichtert die Entwicklungsarbeit. Es hat sich schon mehrfach gezeigt, dass diejenigen Anbieter, die die Entwickler*innen für sich gewinnen konnten, auch das Rennen um die Vorherrschaft gewonnen haben.

Die Entwicklerkonferenz von OpenAI hat deutlich gemacht, dass das Unternehmen ein eigenes Ökosystem plant und bereits umsetzt. Die neuen GPTs und der angekündigte Store machen OpenAI zu einem Plattformanbieter – einem Modell, das sich in der Vergangenheit als erfolgreich erwiesen hat. Im Gegensatz dazu musste Google nach der Präsentation von Gemini zugeben, dass gewisse Aspekte inszeniert waren, und Amazon sieht sich mit Berichten über Halluzinationen und Daten-Lecks konfrontiert. Das dämpft die Hoffnungen.

Warten auf echte Konkurrenz

Die langen Wartezeiten zwischen Ankündigung eines Produkts und dessen Verfügbarkeit, gibt es nicht nur bei Google. Auch Microsoft und OpenAI sind davon betroffen. Zwischen Ankündigung des Co-Pilots für Office und dessen Verfügbarkeit lagen Monate. Und die Verfügbarkeit beschränkte sich auf diejenigen Kunden, die mindestens 300 Lizenzen zusätzlich zu ihren Enterprise-Verträgen erwerben. OpenAI hat ChatGPT Enterprise im August angekündigt, doch bis auf eine Bestätigungsmail haben die meisten europäischen Unternehmen, die ihr Interesse daran bekundet haben, noch nichts von OpenAI erhalten.

Diese Situation schreit nach Konkurrenz. Verfügbare, verlässliche Angebote von Google und Amazon könnten neue Dynamiken schaffen und im besten Fall OpenAI und Microsoft zu weiteren Höchstleistungen motivieren. Als Ausrede, sich nicht mit generativer KI und den Einsatzmöglichkeiten in Unternehmen zu beschäftigen, taugt die Situation nicht. Sie zeigt uns nur, dass es wichtig ist, die Marktentwicklungen im Blick zu behalten. Denn nur so können wir uns sicher sein, dass wir auf die richtigen Technologien setzen, um von den Produktivitäts- und Qualitätssteigerungen zu profitieren, die generative KI bereits heute bietet.

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